Schrift und Schreiben vermitteln – Tipps unserer Expertin
Liebe Lehrerinnen, liebe Lehrer,
zu Beginn nehmen wir Sie mit auf einen kurzen Exkurs zur Entstehung und den Hintergründen für den „Tag der Handschrift“:
Initiiert wurde er 1977 in den USA von der Writing Instrument Manufacturers Association (WIMA). Das gewählte Datum resultiert ebenfalls aus der US-amerikanischen Historie, denn der 23. Januar ist der Geburtstag von John Hancock (1737 –1793), dem Erstunterzeichner der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Seine handschriftliche Signatur auf dem Dokument ist aufgrund ihrer Grösse besonders markant.
Dass wir – trotz Digitalisierung – dem über 2000 Jahre alten lebendigen Kulturgut Schrift einen Tag widmen, ist ein Zeichen, dass das Schreiben mit der Hand noch lange nicht aus der Mode gekommen ist.
Die folgenden Tipps sollen Ihnen, und vor allem den Kindern Unterstützung und Motivation sein, auf die Bedeutung des Schreibens aufmerksam zu machen, und die Freude am Schreiben in der eigenen Handschrift weiter zu fördern, zu praktizieren, zu pflegen, zu wertschätzen und zu erweitern. Damit das Schreiben auch weiterhin ein wichtiges Kommunikationsmittel unter den Menschen bleibt. Selbst etwas aufschreiben zu können, ist herausfordernd, faszinierend und einfach wunderbar.
Die Abbildung verdeutlicht, dass Schreiben eine äusserst komplexe, feinmotorische Tätigkeit ist, die differenzierte, manuelle Kompetenzen voraussetzt. Die Basissinne (der Tast-, Gleichgewichts- und Bewegungssinn werden als Basis- oder Nahsinn bezeichnet) bedürfen dabei einer guten Integration, um eine gute Schreibleistung zu erreichen.
Tipp 1: Sitzhaltung, Blattlage, Blattformat und Augenabstand
Achten Sie beim Schreiben auf eine gute Körperhaltung der Kinder. Ungünstige Sitzhaltungen führen zu Einschränkungen der Beweglichkeit im Bereich der Finger, der Hand, des Arms, der Schulter, des Nackens und des Rückens. Neben dem ergonomischen Sitzen ist auch der Augenabstand zwischen Heft und Augen wichtig. Dieser beeinflusst das Ergebnis und die Qualität des Schreibens. Beim Idealabstand zum Papier sollen die Hände gestreckt zwischen Nase und Tisch passen. Ein an die Körpergrösse des Kindes angepasstes Blatt- oder Heftformat erleichtert das Arbeiten und entspannt den Schreibarm. Die Blattausrichtung ist schräg, 15-20° für rechtshändige Kinder, 30° für linkshändige Kinder. Die Schräglage des Blattes/Heftes ermöglicht eine dauerhafte Sicht auf das Geschriebene. (Achten Sie bei den nachfolgenden Informationen auf die entsprechende Umsetzung für linkshändige Kinder).
Tipp 2: Basismotorische KompetenzenDie Handgelenkbeweglichkeit, die Fingermotorik und die Koordination von Hand- und Fingerbewegungen sind ein wesentlicher Baustein für das erfolgreiche, leserliche Schreiben. Hierfür eignen sich z.B. die Übungen aus dem Füllhalter-Führerschein S. 8 „FingerFit – Übungen vor Beginn des Schreibens“ oder folgende Fingergymnastik:
Übung 1:
- Beide Hände auf den Tisch legen,
- Hände im Wechsel aus dem Handgelenk anheben,
- Hände im Wechsel von der Handinnenfläche auf den Handrücken drehen (evtl. rhythmisch mit Musik unterstützen)
Übung 2:
- Die Finger einzeln, nacheinander heben und senken (Beginn rechte Hand bei Rechtshändern, Beginn linke Hand bei Linkshändern).
Übung 3:
- Einen dicken, dreiflächigen Stift waagerecht zwischen Daumen und Zeigefinger beider Hände halten. Im Wechsel Beuge- und Streckbewegungen machen. Eine schöne Lockerungsübung für zwischendurch.
Tipp 3: Stift und Stifthaltung
Der Schreibstift wird von vielen Kindern sehr individuell gehalten. Achten Sie auf eine 3-Fingerstifthaltung, sie ist eine wesentliche Grundlage für das Schreiben. Die Griff- und Haltetechnik hat einen enormen Einfluss darauf, wie Strichführungen gestaltet werden. Je genauer die Kinder schreiben, desto feiner muss der Griff sein. Dabei ist die Anzahl der Finger am Stift wichtig. Empfehlung: Die Schreibgeräte des griffix® Schreiblernsystems eignen sich besonders. Sie sind so gestaltet, dass ein ermüdungsfreies, leserliches Schreiben gefördert und die 3-Fingerstifthaltung durch den sogenannten „Zangengriff“ optimal unterstützt wird.
Tipp 4: Schwung- und Schreibübungen, Nachspuren
Zu Beginn des Schreibenlernens und für zwischendurch sind Schwungübungen mit grafomotorischen Grundformen und Grundmustern eine willkommene Abwechslung für die Kinder. Gerade Kinder, die wenig gemalt haben, lernen dadurch, wie eine Grundform konstruiert ist. Dieser Bewegungsplan ist wichtig, um beim Erlernen des Schreibens die Form des Buchstabens korrekt auf das Papier zu bringen.
Tipp 5: Grundbewegungen der Schrift / Schriftelemente
Zu den Grundelementen gehören Punkte, gerichtete Striche (waagerecht/senkrecht), Kreise, Ovale, Schrägen, Girlanden, Arkaden, Schlaufen (nach oben und nach unten), Kreuze, Dreiecke, Vierecke. Ebenfalls kann mit den Grundelementen im Kunstunterricht experimentiert werden, sodass fortlaufende Muster entstehen, und die Kinder sich in Formen, Größe und Platzeinteilung üben können. Das Malen von Formen und Mustern ist eine wichtige grafomotorische Übung. Diese Übungen ermöglichen ein sicheres Schreiben.
Tipp 6: Motorische Schreibkompetenz
Das ist das Ergebnis einer guten pädagogischen Arbeit aus der Vorschulzeit und den ersten beiden Grundschuljahren. Hier verbinden sich alle bisher erlernten und eingeübten Elemente/Schreiberfahrungen, die in den vorangegangenen Tipps thematisiert wurden. Dazu kommt noch die Buchstabengrösse, die Buchstabenform, die Anordnung der Buchstaben in der Lineatur, der Neigungswinkel, die Abstände zwischen den Buchstaben bzw. den Wörtern und die Präzision. Selbstverständlich spielt auch die Auswahl der Schreibschrift eine Rolle. Die Muskelanspannung der Kinder beim Schreiben und die Kraft, mit der die Kinder den Stift halten, sind auch dabei wichtige Voraussetzungen zum Gelingen eines leserlichen Schriftbildes und der Freude am Schreiben.
Tipp 7: Schreibmotorik, Schreibgeschwindigkeit, Schreibrhythmus
Beim flüssigen Schreiben dominiert die Motorik. Die Buchstabenformen sind das Ergebnis der Bewegung, aus der die Buchstaben entstehen. Lassen Sie die Kinder ihre eigene Schreibgeschwindigkeit und ihren eigenen Schreibrhythmus herausfinden. Beides hängt ganz enorm von den motorischen Fähigkeiten des Kindes ab und kann immer nur so gut sein, wie die zu diesem Zeitpunkt motorischen und basismotorischen Voraussetzungen des Kindes gegeben sind. Üben bedeutet auch an den Ursachen, z. B. an einem unleserlichen Schriftbild oder einer unökonomischen Stifthaltung, zu üben.
Tipp 8: Hilfsmittel, Wiederholung, Üben, Loben
Wiederholungen und Üben sind wichtig – aber genau das ist für viele Kinder „langweilig“. Motivieren und loben Sie die Schüler/innen. Erfolgserlebnisse sind der Schlüssel zu einer positiven Schreibeinstellung. Seien Sie kreativ und fantasievoll, vielleicht auch spielerisch, um das Interesse, die Bereitschaft und die Neugier auf das Wiederholen und Üben der Kinder zu wecken. Prinzipiell sind die individuellen Schreibleistungen und Eigenheiten (ab Klasse 4) der Kinder zu würdigen. Schenken Sie jedem Kind Ihre Aufmerksamkeit – machen Sie das Kind zum Experten seiner Handschrift. Die Schriftplakate und Schreibübungsblätter von Pelikan sind sehr gut als Hilfsmittel einsetzbar.
Seien Sie beim Schreiben an der Tafel Vorbild. Sie regen so Ihre Schüler/innen zur Nachahmung an. Schreiben Sie die Buchstaben in ihrer Form und hinsichtlich ihres Bewegungsablaufs optimal. Unterstützen Sie die Kinder in der 4. Klasse auf dem Weg zur ihrer individuellen Handschrift, indem Sie als Pädagoge gemeinsam mit den Kindern in einer verbundenen Schrift (VA, SAS, LA) schreiben.
Ich wünsche Ihnen und den Kindern viel Freude und gutes Gelingen beim Schreiben in der eigenen Handschrift, sprechen Sie über das Handschreiben und bleiben Sie im kreativen Prozess.
Fachtherapeutin für Fein- und Grafomotorik
Linkshänder-Beraterin nach Methodik Dr. J.B. Sattle